FLOKATI, das Insektenmusical

Von Georg Rudiger, Kultur Joker, November 2009

Großer Jubel beim Insektenmusical FLOKATI am Freiburger Theater

Wenn ein Maikäfermädchen vom Land (Kim Endres) seine Cousine Katharina (Elena Fritsch) in der Großstadt Flokati besucht, dann ist Party angesagt. Mann geht shoppen, gönnt sich einen Milben-Drink, checkt das Andere Geschlecht beziehungsweise Insekt ab und meditiert ein bisschen beim indischen Guru. Ideengeber für das „Insektenmusical“ waren Gary Joplin und Emma-Louise Jordan, die in der Vergangenheit schon häufig erfolgreich mit Jugendlichen am Freiburger Theater gearbeitet haben. Mit dem höchst unterhaltsamen, fantasievollen und auch musikalisch überzeugenden „Flokati“ landen die beiden kreativen Theatermacher, die auch für Regie und Choreographie verantwortlich sind, einen richtigen Kracher. Joplin und Jordan bringen die 22 Jugendlichen zum Spielen, Singen und Tanzen. Es entsteht kein lauwarmer Musicalabklatsch mit Pathos, falschen Wimpern und auf Perfekten getrimmten Synchrontänzen, sondern ein auch musikalisch mitreißender, humorvoller Theaterabend, der jede noch so kleine Rolle zum Blühen bringt. Und ganz bewusst auf eine Message verzichtet, die das ganze Gewusel nur ideologisch überfrachten würde.

Der Flokati-Wohnzimmerteppich ist der Mikrokosmos, in dem diese bunte Insektenwelt zu finden ist. Eine riesige Steckdose, in der sich auch mal Rüsselkäfer Randy (unwiderstehlich: Benjamin Reich) und Maikäfer Katharina (leicht durchgeknallt und kokett: Elena Fritsch) zum Rendezvous einfinden, hängt an der Wand; einzelne, überdimensionale Teppichfasern zieren zum Boden (Bühne und Kostume: Birgit Holzwarth). Die Milbenband liefert auf der Empore den passenden Groove (musikalische Leitung: Nikolaus Reinke), der leichtfüßig vom schwingenden Big-Band-Sound zum harten Rap wechselt und auch indische Popmusik zum Leben erwecken kann.

Eine steppende Postbotenbiene (Samuel Feldhandler) trifft auf einen verliebten Ameisenmann (charmant: Tonio Schneider) eine vegetarische Spinne (Sophia Emmerich) auf eine zu rückhaltende Heuschrecke (Jannes Schilling). Mit viel Wortwitz und Tempo gehen diese so menschlich erscheinenden Insekten auf Partnersuche. Der von den Mädels angehimmelte Star in Flokati ist ein cooler Gecko („Ich sorg' für Wirbel hier, denn ich bin ein Wirbeltier“). Salim Ben Mammar gibt ihn als geschmeidigen, rappenden Womanizer. Nur einmal im akuten Liebeskummer verliert er jede Coolness und tickt in einem grandiosen Auftritt völlig aus. In „Flokati“ wird geflirtet und getanzt, meditiert und gesungen – besonders eindrucksvoll von Alisa Hengst, die als Marienkäfer Marilyn mit dunklem Timbre und viel Sexappeal in der Stimme aufwartet. Auch Sophia Emmerich setzt als esoterisch angehauchte Spinne Soia musikalisch Höhepunkte. Was kann auch schon schiefgehen, wenn mann sein Netz nach anthroposiphischen Gesichtspunkten geknüpft hat und die zusätzlichen vier Arme wie einen Rucksack ablegen kann. Am Ende gibt es eine rauschende Bollywoodparty, tolle Tanzeinlagen und zwei glückliche Insektenpaare.

© Gary Joplin